Die gefährliche Versuchung der Teilung
- Der Vater
- 27. März
- 2 Min. Lesezeit

Es gibt eine wunderbare Anekdote über einen Mann, der seinen Freund fragte: „Sag mal, glaubst du, dass die Welt in Gute und Böse geteilt ist?“ Der Freund überlegte kurz und antwortete: „Natürlich! Die Welt ist voller Bösewichte. Und dann gibt es uns.“
Das Problem an dieser Denkweise ist nicht nur ihre erschreckende Simplizität, sondern vor allem ihre Verbreitung. Wer die Welt in Schwarz und Weiss aufteilt, in Helden und Schurken, in Gerechte und Verwerfliche, begeht nicht nur einen Denkfehler – er schafft eine Realität, in der die Nuancen des Menschseins keinen Platz mehr haben.
Die bequeme Einteilung in Gut und Böse
Es war schon immer eine beliebte Beschäftigung der Menschen, sich selbst auf der richtigen Seite der Geschichte zu verorten. Dabei vergessen sie oft, dass auch die Gegenseite genau das Gleiche tut. Wenn zwei Gruppen sich gegenseitig für das Übel der Welt verantwortlich machen, stehen sie sich bald mit Fackeln und Mistgabeln gegenüber – und meist brennen am Ende nicht nur die Fackeln.
Die grosse Ironie ist, dass die Einteilung in Gut und Böse selten von den wirklich Bösen vorgenommen wird. Diese sind oft viel zu beschäftigt damit, sich an ihrer eigenen Schlechtigkeit zu erfreuen. Nein, die Trennlinien werden von jenen gezogen, die felsenfest davon überzeugt sind, auf der richtigen Seite zu stehen. Und genau das macht sie so gefährlich.
Die Geschichte wiederholt sich – leider immer wieder
Die Menschheit hat eine bemerkenswerte Fähigkeit, aus der Geschichte nichts zu lernen. Wir wissen doch, wohin die Spaltung führt: Wer sich zu sicher ist, der Gute zu sein, kann sich sehr schnell in einem Albtraum wiederfinden, in dem „Reinigung“ das neue Lieblingswort ist.
Ob Revolutionen, religiöse Kriege oder moderne Ideologiekämpfe – immer wieder gab es Gruppen, die mit bestem Gewissen gegen das vermeintliche Böse antraten, nur um am Ende selbst zu dem zu werden, was sie bekämpfen wollten. Die Grenze zwischen Held und Tyrann ist oft nur ein Schritt in die falsche Richtung.
Die einzige Rettung: ein wenig Humor – und noch mehr Selbstzweifel
Nun könnte man fragen: Was ist die Lösung? Ein grosses, allumfassendes Gutsein? Ein friedliches Zusammenleben in Eintracht und Harmonie? Natürlich nicht! Das wäre ja furchtbar langweilig. Nein, die Lösung ist viel einfacher – und gleichzeitig so schwierig: ein wenig Humor und eine gesunde Portion Selbstzweifel.
Wer sich selbst nicht allzu ernst nimmt, läuft weniger Gefahr, sich auf einen moralischen Kreuzzug zu begeben. Und wer sich immer mal wieder fragt, ob er vielleicht auch im Irrtum sein könnte, wird zumindest vorsichtiger mit den Urteilen über andere.
Denn eines ist sicher: Wer die Gesellschaft spaltet und die Menschen in Gut und Böse einteilt, nimmt ein böses Ende. Oder, um es mit den Worten eines alten Weisen zu sagen: „Seid vorsichtig mit den Bösewichten dieser Welt – sie sehen euch im Spiegel an.“
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