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Das Wort zum Sonntag

  • Der Vater
  • 5. Okt.
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Milch Tetra 7. Oktober

7. Oktober


Es ist doch beruhigend, wenn die Welt endlich wieder ein Datum hat.

Ein richtiges, klares, sauberes Datum.


Eines, auf das man zeigen kann, wenn man gefragt wird, warum alles so ist, wie es ist.


„Seit dem 7. Oktober“, sagt man dann und alle nicken wissend.


Denn vorher war natürlich Frieden, Verständnis und ein globales Gruppenkuscheln.


Niemand war wütend, niemand wurde unterdrückt, niemand belogen.


Die Menschheit war ein fröhlicher Kindergeburtstag mit veganem Kuchen und wiederverwendbaren Luftballons.



Aber dann der 7. Oktober!


Zack, plötzlich ist die Welt böse geworden.


Seitdem erklären die einen, sie seien unschuldig, die anderen, sie seien empört, und die Medien, sie seien „live dabei“.


Man hat sofort gewusst, wer die Guten sind – und wer die anderen.


So einfach war die Welt noch nie.


Man kann das Datum wie eine Eintrittskarte benutzen:


„Seit dem 7. Oktober darf ich wütend sein.“

„Seit dem 7. Oktober bin ich im Recht.“


„Seit dem 7. Oktober brauche ich keine Geschichte mehr, ich hab ja das Datum.“


Ich muss zugeben, ich selbst war auch betroffen.



Am 7. Oktober geschah in meiner Küche ein Vorfall, der mein Vertrauen in die Ordnung der Dinge nachhaltig erschüttert hat.

Ich öffnete den Kühlschrank und fand keine Milch.

Ein leerer Tetrapack.


Seitdem schmeckt mir der Kaffee nicht mehr.


Und ehrlich gesagt: Ich gebe dem 7. Oktober die Schuld.


Weil es einfach praktisch ist, ein Datum zu haben, das für alles verantwortlich ist.


Für Kriege, Krisen und für schlechten Kaffee.


Ein Datum, das alles trägt, damit wir nichts tragen müssen.


Ich trinke jetzt Tee.


Aus Prinzip.

 
 
 

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